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Helga König im Gespräch mit der Bildhauerin, Malerin und Lyrikerin Christin van Talis

 Christin van Talis
Liebe Christin van Talis, Sie sind Malerin, Bildhauerin aber auch Lyrikerin und haben als Schülerin des Malers Christian J. Scheefe (Kunstschule Neuanfang, Dozent Fachhochschule Hamburg) Ihren künstlerischen Weg begonnen. Es folgten Studien der Bildhauerei in der Hamburger Sommerakademie. Bildhauer-Workshops in Altonaer Künstlerateliers und eine Ausbildung in der chinesischen Malerei/Kalligraphie durch Gu Yingzhi (Akademie der chin. Malerei und Kalligraphie, Tianjin). Seit 2007 sind Sie Mitglied im Frauen Netzwerk für Frieden e. V. und nehmen an Friedenskonferenzen teil. Am 8.März 2009  haben Sie die "Charta der SchriftstellerInnen für die Wahrung des Weltfriedens" ins Leben gerufen.  Sie sind Mitbegründerin des Netzwerkes Niedersachsen "Frauen in Kunst und Kultur" und leben und arbeiten in Hamburg. Ihr Betätigungsfelder sind Ausstellungsorganisation, die Leitung des Kunstraum für Lyrik sowie last not least Bild und Skulptur.

Ich freue mich, dass Sie an dem Interviewprojekt "Fragen zur Kunst" teilnehmen.

Helga König: Wie definieren Sie Kunst?

Christin van Talis: Für mich ist die Kunst eine Beobachterin der Welt. Ich bin eine Malerin und Bildhauerin der Gegenwartskunst. Kunst sollte im besten Fall eine Gabe sein, in die Zukunft schauen zu können. Der Künstler muss allein dieser Bestimmung folgen auf seine ureigenste Art. Kunst ist nicht zu trennen von dem eigenen Leben, da es kein Beruf ist, sondern eine Berufung. Künstler sollten heutzutage Philosophen sein. Aber wer kann die Kunst bewerten? Die Kunst ist ein Freigeist und gehört nur sich selbst

 Helga König
Helga König: Welche Künstler aus vergangenen Epochen mögen Sie besonders gerne und können Sie Gründe dafür nennen?

Christin van Talis: Der Expressionismus liegt mir am Herzen mit seinem freien Umgang mit Farbe und Form, insbesondere Paula Modersohn-Becker, dann der Kubismus mit seiner systematischen Bildstrukturierung und eingearbeiteten Tapeten und Zeitungsstücken von Picasso und Chagall, die Pop-Art Künstlerin Niki de Saint Phalle wegen ihrer monumentalen Nanas und ihrem Lebenswerk, dem Tarotgarten, an dem sie 15 Jahre gearbeitet hat. Dieser war Ansporn für meinen eigenen Skulpturengarten an der Süderelbe in Hamburg. Nicht zu vergessen die Kunst-Epoche der "Moderne", darunter ganz besonders der "Hundertwasser-Stil" und seine Bauweise. Friedensreich Hundertwasser war für mich ein Visionär. 

Helga König: Wann hat für Sie Malerei einen künstlerischen Wert?

 Christin van Talis mit Skulptur LISA
Christin van Talis: Wenn sie authentisch ist - die Gegenwart und die Künstlerin / den Künstler widerspiegelt. Oder, wenn eine neue Schöpfung gelungen ist - etwas - was so in dieser Form noch nicht existiert.

Helga König: Welchen Stellenwert hat die Bildhauerei für Sie in der Kunst?

Christin van Talis: Für mich steht die Bildhauerei an erster Stelle. Anders als in der Malerei geht es hier auch um das Material, was so schon einen eigenen Charakter besitzt. Mit Hammer und Meißel monatelang einen Stein zu bearbeiten, verlangt viel Hingabe und Ausdauer – meist in kalten Ateliers. Ein hoher Stundenlohn ist hierbei nicht zu erzielen. 

 Helga König
Helga König: Wann hat für Sie Fotografie einen künstlerischen Wert?

Christin van Talis: Wenn die realistische Nachbildung verfremdet wird. Es muss eine Idee, ein kreativer Gedanke zu erkennen sein. Kunst ist eine neue Schöpfung, egal auf welchem Gebiet. 

Helga König: Welche Techniken in der Malerei bevorzugen Sie?

Christin van Talis: Die Spachteltechnik mit Acrylfarbe, Marmormehl und Fliesenkleber – bis zu 20 Farbschichten, die zum Teil wieder abgekratzt werden. Sowie Mischtechniken und Freskomalerei. 

Helga König: Was bedeuten für Sie Farben in der Kunst?

  Christin van Talis
Christin van Talis: Farbe bedeutet Kampf! Wer gewinnt? Die Form oder die Farbe? Form gegen Farbe für eine Kultur des Friedens ist mein Motto. Kunst hat immer was mit Freigeist zu tun. In meinen Bildern verliert oft die Farbe den Kampf.

Helga König: Wie eng sollten Galerien und Museen mit Künstlern zusammenarbeiten? 

Christin van Talis: Schön wäre es, wenn in Zukunft die Galerien und Museen die Künstlerinnen und Künstler in ihren Räumen arbeiten lassen und am Entstehungsprozess teilhaben würden und auch der Künstler einen intensiveren Einblick in die Ausstellungsarbeit bekommt. Das wäre gegenseitige Befruchtung. 

Helga König: Welche ausbaufähigen Vermarktungsstrategien für Künstler gibt es in den sozialen Netzwerken des Internets? 

 Christin van Talis
Christin van Talis: Jede Künstlerin und jeder Künstler sollte sich vernetzen mit anderen Künstlern, um gemeinsam Ausstellungen zu organisieren. Erstrebenswert ist auch eine Unabhängigkeit von Galerien und Museen, um ein eigenes Online-Portal von Kunstsammlern zu manifestieren. 

Helga König: Welche Aufgaben sollten Politikern in Sachen Kunst ernster nehmen? 

Christin van Talis: Kunst ist ein Kulturgut, dass jedem offen zugänglich sein muss. Die Eintrittsgelder von Museen müssen generell abgeschafft werden. In einigen Bereichen ist dieses schon geschehen. Auch kostenlose Ateliers sollten dem Künstler, der Künstlerin zur Verfügung gestellt werden. Sie sind es schließlich, die das kulturelle Erbe schaffen.

Liebe Christin Talis, danke für das aufschlussreiche Gespräch.

Ihre Helga König


Fotos: Christin  van Talis